Verzauberte Geometrie in der Dunkelheit

Erleben und Erkunden der Basalen Mathematik im Schwarzlicht-
ein Konzept zur Förderung von Menschen mit schwerer Behinderung an der Martin-Buber-Schule

Träume in der Dunkelheit – die Arbeit im Schwarzlicht

Das Schwarzlicht ist die besondere Beleuchtung durch eine oder mehrere UV-Neonlichtquellen im verdunkelten Raum. In der erzeugten Dunkelheit leuchten nach Anschalten der UV-Lampe lediglich weiße und fluoreszierende (neonfarbene) Gegenstände. So können viele visuelle Reize ausgeschaltet und auf ein Minimum reduziert werden. Bereits die nähere Umgebung verliert durch die Dunkelheit an Bedeutung und der optische Fokus kann ganz auf eine Sache gelenkt werden.

Durch die Techniken des Schwarzlichttheaters werden Gegenstände lebendig und fangen an zu schweben, drehen sich oder verschwinden im Nichts. Plötzlich tauchen diese wieder auf und erzeugen durch Bewegungen optische Reize, die Zauberei vermuten lassen. Gegenstände verdoppeln sich, verändern ihre Form und setzen sich zu neuen Formen und Bildern zusammen. So können im Schwarzlicht physikalische Gesetzmäßigkeiten scheinbar außer Kraft gesetzt werden. Dabei sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt und nahezu alles ist möglich. Im Schulalltag wird diese Möglichkeit genutzt um Theater zu spielen, zu zaubern, die optische Wahrnehmungsfähigkeit zu fördern und den Bereich der Basalen Mathematik möglich zu machen. Die Basale Mathematik wird als Angebot gesehen, den Schüler*innen mit einer schweren Behinderung die Möglichkeiten zu geben, in den Bereich der Mathematik einzutauchen und diesen mit allen Sinnen in einer für sie angemessenen Form zu erleben und zu entdecken.


Der Ausgangspunkt ist eine aktive möglichst ganzkörperliche Auseinandersetzung mit Gegenständen und ihren Eigenschaften. Ein Material bzw. ein Objekt wird als möglicher Inhalt einer Lernsituation gewählt, so zum Beispiel eine geometrische Form oder ein Körper und passende Gegenstände. Gemeinsam wird die Vielfalt an Erlebnis- und Lernmöglichkeiten im phantasievollen Umgang mit dem gewählten Material überdacht, mit den einzelnen Schüler*innen und deren Bedürfnisse in Verbindung gebracht und darüber Unterricht geplant. Im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen die Schüler*innen in ihrem „So-Sein“, „… es soll nicht der ausgewählte Lerninhalt gelernt werden, sondern an diesem und durch den Umgang mit diesem Lerninhalt oder Lernmaterial geschieht gemeinsames Erleben und Handeln, ein In-Beziehung-Treten zu anderen Menschen, das Erfahren von Welt und eigenem Körper als Grundlage jeder Öffnung nach außen“ (Ulrike Theilen: Mach doch mit! Lebendiges Lernen mit schwerbehinderten Kindern, München 1999, S.11). Die Schüler*innen nehmen mit dem ganzen Körper das sensorische Angebot auf und lernen so nicht nur die Materialien und Objekte in ihren unterschiedlichen Eigenschaften kennen, sondern machen insbesondere grundlegende sensomotorische Erfahrungen. So wird dem Mensch die dingliche Welt durch das körpernahe Anbieten von Materialien und Objekten herangebracht und er lernt, sich des eigenen Körpers bewusster zu werden. Die Arbeit ermöglicht den Schüler*innen neue Erfahrungen zu machen, mehr Selbstvertrauen zu gewinnen und die Angst vor Unbekanntem abzubauen. 

Unsere Angebote der Basalen Mathematik orientieren sich an den geometrischen Grundformen und Körpern der Mathematik 

• Kugeln und Bälle
• Kreisringe und Reifen
• Kreise und Punkte
• eckige Körper: Würfel und Quader, Bausteine
• Quadrate und Rechtecke
• Stäbe, Längen und Wege
• Dreiecke
• mathematische Begriffe wie „eckig“ und „rund“, „lang“ und „kurz“

Ein verdunkelter Raum, leuchtende Objekte und eine passende Musik erzeugen eine Atmosphäre, die uns eintauchen lässt in die Faszination Schwarzlicht. Mathematik kann erlebt werden als angenehme, entspannende Welt, die voller Entdeckungen ist, die es zu erkunden gilt. Unsere Erfahrungen zeigen, dass die Schüler*innen bei der Arbeit im verdunkelten Raum sehr aufmerksam sind, die Geschehnisse einen hohen Aufforderungscharakter auf die Schüler*innen ausüben und sie sich hier besser konzentrieren können. So nutzen wir das Schwarzlicht um diese Situation zu verstärken und den Schüler*innen so die Möglichkeit zu geben sich ganz auf ihr Handeln zu konzentrieren.